Es ist ruhig geworden auf dem Fahrermarkt der Formel 1, doch das ist nur ein kurzer Durchhänger. Im Hintergrund brodelt es nach wie vor, und zumindest vonseiten Mercedes scheint man fest davon überzeugt, dass Max Verstappens Zukunft - entgegen aller Beteuerungen von ihm und von Red Bull - nicht garantiert ist.

Das Werben von Mercedes-Teamchef Toto Wolff um den dreifachen Weltmeister wurde am Rande des Australien-Wochenendes in einem Interview mit 'Fox Sports Australia' sogar noch offener. "Wir haben einen freien Platz, den einzigen der Top-Teams - außer Max entscheidet, dass er geht. Dann ist unser Platz nicht mehr frei."

Mercedes-Liste für 2025 wird klarer: Wunsch-Nachfolger von Hamilton eindeutig

Wolff macht inzwischen keinen Hehl mehr daraus, was der Mercedes-Plan ist. Verstappen ist Kandidat Nummer eins auf jenes Cockpit, das Lewis Hamilton mit Jahresende vorzeitig räumen wird. Alle anderen Kandidaten sind erst einmal auf die Plätze verbannt, auch das lässt er durchblicken: "Ja. Du siehst, was sein Leistungsniveau ist."

Bei Mercedes fühlt man sich in einer starken Position, und daher vor allem in der Lage, auf Verstappens Entscheidung zu warten. Das liegt auch daran, dass mit George Russell ein Auto fix belegt ist, und Wolff große Stücke auf ihn hält: "Er hat das Potenzial, ein Weltmeister zu werden." Damit ist es nicht essenziell, bei den anderen Top-Piloten auf dem Markt sofort zuzugreifen. Stattdessen schiebt Wolff die Entscheidung jetzt erst einmal auf die lange Bank, sprich bis in die Sommerpause: "Ich werde die Braut spielen, die nicht leicht zu bekommen ist."

Wolffs Wunschkandidaten hinter Verstappen werden klarer

Die Rolle der wählerischen Braut stellt Wolff jedoch vor Probleme. Er hat keine gute Mitgift. Nach drei Rennen hat er keine guten Argumente geliefert, dass der nächstjährige Mercedes ein Siegerauto sein könne. Mit ehrlichen Eingeständnissen eines Korrelationsproblems nach immer schlechter werdenden Ergebnissen ist eher das Gegenteil der Fall, wie er in Australien ausführte. Mehr dazu hier:

Verstappen würde diese Probleme nicht lösen, weiß Wolff: "Er ist außergewöhnlich, aber wir würden ihm ein Auto gegeben, das schwierig abzustimmen und zu fahren ist. Ich würde lieber einen Schritt machen und da draußen sagen können, dass das ein Auto ist, das du nehmen kannst, weil es auch schnell ist."

Zweiter Red-Bull-Sitz nährt neue Gerüchte auf dem Fahrermarkt

Das Auto dürfte das größte Problem von Wolff in seinem Pitch an Verstappen und dessen Management sein. Kann er ihn nicht überzeugen, muss Mercedes nach Alternativen angeln. Noch sind die zahlreich, wenngleich Wolff zunehmend konkrete Vorstellungen hat. "Wir haben diesen Jungen, der sehr vielversprechend ist, ich will ihn nicht noch mehr unter Druck setzen aber er könnte einer der Großen sein", meint Wolff in Richtung des aktuell in der Formel 2 fahrenden 17-jährigen Andrea Kimi Antonelli.

F1 Fahrermarkt: Verstappen, Alonso, Sainz - wer fährt 2025 wo? (12:03 Min.)

Außerdem nennt er Fernando Alonso und Carlos Sainz. Doch könnte Wolffs eingangs angesprochene Ansicht, Mercedes habe aktuell den einzigen (relevanten) Top-Sitz auf dem offenen Markt, hier etwas optimistisch sein. Denn es gibt unabhängig von Max Verstappen das zweite Red-Bull-Cockpit, das offen ist. Und wie Mercedes hat auch Red Bull keinen Stress. Und das bringt Bewegung in den Markt.

Sergio Perez lieferte bislang drei solide Rennen ab, Daniel Ricciardo strauchelt im Racing Bull, Yuki Tsunodas Leistung war noch nicht ausreichend. "Wir wollen die bestmögliche Paarung für Red Bull Racing. Manchmal musst du auch außerhalb des Pools schauen", theorisierte Teamchef Christian Horner daraufhin. Sainz brachte er von sich aus ins Spiel. Gerüchte über Fernando Alonso halten sich in den letzten Tagen hartnäckig.

Auch bei Aston Martin ist ein Cockpit frei, das von Alonso abhängt. Genauso könnte Aston Martin mit einem Powerplay Verstappen abstauben. Nicht vergessen: Die Mannschaft wird 2026 Honda-Werksteam. So viel schlechter sind die Argumente der Mannschaft aus Silverstone dann nicht mehr, wenn man sie mit Mercedes vergleicht.

Und Sauber (bald Audi) umwirbt außerdem gerade Carlos Sainz. Ganz so einfach ist es dann doch nicht für Mercedes zu sagen, dass man einen zweiten Top-Piloten neben Russell garantiert hat. Nur der Junior Andrea Kimi Antonelli wird nicht davonlaufen - aber bei dem ist noch nicht sicher, dass er in der Formel 2 ausreichend Leistung für eine Beförderung ins Werksteam abliefern wird.

Wolff & Verstappen: Vergangenheit vergeben und vergessen

Damit dreht sich das Karussell zurück zu Max Verstappen und dessen Entscheidung. Im Hintergrund heißt es warten, wie es rund um die internen Reibereien über Macht und Einfluss im Team und im Konzern weitergeht. Storys um Meetings, Machtverschiebungen, Einsprüche kursieren nach wie vor. Eine beruhigte Lage sieht anders aus. Alle diese Faktoren spielen hinein in die Verstappen-Entscheidung, und das kann dauern.

Die nach dem WM-Fight von 2021 angeknackste Beziehung mit Mercedes soll übrigens wieder gekittet sein. "Ich habe eine sehr gute Beziehung mit seinem Vater", versichert Wolff. Nach dem Crash zwischen Verstappen und Hamilton und Silverstone hatte damals monatelang zwischen Wolff und Jos Verstappen Eiszeit geherrscht.

Davor waren die beiden aber gut miteinander ausgekommen, hatten auch einst über eine Förderung von Verstappen im Mercedes-Juniorkader verhandelt. Red Bull war damals mit F1-Versprechungen zuvorgekommen, Wolff hatte nur eine F2-Garantie liefern können. Bis heute etwas, dem er nachtrauert, sich aber inzwischen sicher ist: "An einem Punkt muss diese Beziehung zustande kommen. Ich weiß nur nicht wann."