Ich bin ein Fan von Nico Hülkenberg in der Formel 1. Gebe ich ehrlich zu. Oberflächlich betrachtet erscheint die Entscheidung von Audi und Sauber, ihn gleich für mehrere Jahre als deutsche Galionsfigur zu verpflichten, auf den ersten Blick aber irgendwie von der Nationalität fehlgeleitet: Ein 36-Jähriger, der just am letzten Rennwochenende mit 208 Starts ohne Sieg auch hier den Negativ-Rekord eingestellt hat. Dass er den Rekord für die meisten GPs ohne Podium hat, wissen wir ja ohnehin alle …

Hülkenberg, das wirkt dann auf den ersten Blick wie eine uninspirierte Wahl eines ewigen Mittelfeldpiloten. Das wäre eine äußerst unfaire Darstellung. Mit dieser Wahl bekommen beide Seiten vielmehr genau das, was sie für 2026 verdient haben. Im positivsten Sinn.

Hülkenberg wechselt zu Audi! Wer wird sein F1 Teamkollege? (06:18 Min.)

Für Hülkenberg ist es endlich Lohn nach einer Karriere voller Undank. Die Podium-Unserie ihm allein anzukreiden ist unfair. Wir können uns jetzt um die Chancenverwertung streiten, und sicher, er hat bei Gelegenheiten rückblickend teure Fehler gemacht, ist zu viel Risiko gegangen, etwa damals, 2012, in Brasilien mit der Kollision mit Lewis Hamilton. Aber dass man seine Podiumschancen insgesamt praktisch an einer Hand abzählen kann ist sicher nicht seine Schuld.

Hülkenbergs 208 Starts ohne Lohn & Dankbarkeit

Fahrerisch hat Hülkenberg inzwischen fast zwei Jahrzehnte lang immer wieder echte, große Klasse aufblitzen lassen. Man würde doch denken, dass jemand, der mit einem GP2-Meistertitel im ersten Jahr ankommt, und der immer wieder im Mittelfeld abliefert, irgendwann doch ein gutes Cockpit bekommt. Aber es kam nicht, und nicht, und nicht. Endlich, die Renault-Chance 2017, aber ihn dann drei Jahre später für Esteban Ocon vor die Tür zu setzen ist für mich beim besten Willen noch immer nicht nachvollziehbar.

In seiner Karriere hat Hülkenberg genug getan, um eine echte Chance in einem guten Auto zu bekommen. Was ihm, auch aus Pech mit dem Fahrermarkt, nie jemand anbieten konnte oder wollte. Bis jetzt. Audi will ihn, und das aus gutem Grund.

Wie gut Hülkenberg noch immer ist, hat er nach seiner Renault-Entlassung wiederholt bewiesen. Ob es seine Ersatz-Auftritte mit Racing Point/Aston Martin während der Pandemie waren, oder sein Comeback mit Haas. Deutlich schneller als Kevin Magnussen, den er (anders als sein Vorgänger Mick Schumacher) klar im Griff hatte.

Audi hat also Recht damit, Hülkenberg zu wollen. Natürlich auch von einem deutschen Standpunkt aus. Aktuell ist die Auswahl der sofort verfügbaren Deutschen gering, und Hülkenberg ist davon sowieso der beste in der Verlosung. Das zeigt sein letztes Jahr bei Haas eindeutig. Größere Namen machen keinen Sinn, schließlich geht es gerade auch darum, Audi-Sauber neu zu strukturieren und neu aufzubauen. Namen helfen dabei nicht.

Sich also auf Hülkenberg zu fokussieren ist genau richtig. Die Nationalität können wir dann als ein nettes Beiprodukt beiseiteschieben. Wenn wir uns das aktuelle Feld ansehen, dann ist die Wunschpaarung von Hülkenberg und Carlos Sainz eine absolut legitime Reflektion der gegenwärtigen Leistungen und des Bedarfs von Audi. Es ist höchst also verdient und erfreulich, dass Hülkenberg diese Chance noch einmal bekommt. Und dass er wirklich auch gewollt wird.