Die WEC meldet sich sieben Wochen nach dem Saisonauftakt in Katar (02. März) zum zweiten Rennen des Jahres zurück. Am Wochenende reist der Langstrecken-Tross nach Imola (19.-21. April) und feiert seine Streckenpremiere auf dem 1953 eröffneten, italienischen Traditionskurs. Die Frage aller Fragen vor dem bevorstehenden 6-Stunden-Rennen in der Emilia Romagna: Können Ferrari und Toyota nach dem verpatzten Saisonstart zurückschlagen?

Weltmeister Toyota und Le-Mans-Sieger Ferrari fuhren in Katar auf dem neuasphaltierten, aalglatten Wüstenkurs heillos hinterher und spielten bei Porsches sensationellem Dreifachsieg nur die zweite Geige. Toyota mit seinen beiden GR010 Hybrid - den schwersten Autos im Starterfeld - haderte schon vor dem ersten Training mit der mangelnden Performance, und die Sorgen sollten sich im Rennen mit einer Dauer von 8 Stunden bestätigen.

Toyota verpasste erstes WEC-Podium seit 2018

Das hohe Mindestgewicht von 1.089 Kilogramm machte sich auf dem überarbeiteten Losail International Circuit über die Renndistanz deutlich bemerkbar und gestaltete es schwierig, die Michelin-Reifen im optimalen Performance-Fenster zu halten. Und so musste sich die #7 (Conway, Kobayashi, de Vries) beim Zieleinlauf mit dem sechsten Platz begnügen, während das Schwesterauto (Buemi, Hartley, Hirakawa) auf P9 gewertet wurde. Beide Autos rückten nach der späten Disqualifikation des viertplatzierten Cadillac je eine Position nach vorne.

Eine Statistik mit Seltenheitswert: Toyota verpasste in Katar zum ersten Mal nach 2.022 Tagen, seit dem Silverstone-Rennen 2018, einen Podestplatz in der WEC! Damit endete eine 32 Rennen andauernde Podiumsserie für die Japaner, die in dieser Zeitspanne fünf Weltmeisterschaften gewannen. "Wir hatten eine harte Zeit mit unserem Auto in Katar", blickt der Schweizer Sebastien Buemi zurück. "Deshalb hoffen wir alle auf eine bessere Performance in Imola."

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Toyota startet 2024 mit schwarz folierten Hypercars in der WEC, Foto: LAT Images

Ferrari hofft beim Heimspiel auf Wiedergutmachung

Für Ferrari, das 2024 einen dritten, privat von AF Corse eingesetzten 499P neben den beiden Werkswagen an den Start bringt, gab es in Katar ähnlich wenig zu holen. Die beiden Werks-Ferrari #50 (Fuoco, Molina, Nielsen) und #51 (Pier Guidi, Giovinazzi, Calado) liefen mit zwei beziehungsweise drei Runden Rückstand auf den siegreichen LMDh-Porsche ins Ziel ein. Ausgerechnet der gelbe Privat-Ferrari (Kubica, Shwartzman, Ye) zog sich mit Platz fünf (final P4) noch am besten aus der Affäre.

"Nach dem anstrengenden und schwierigen Test in Katar, wo wir um Plätze weit entfernt von der Spitze gekämpft haben, wollen wir das wiedergutmachen und in Imola das Podest in Angriff nehmen", kündigt Ferraris Langstrecken-Leiter Ferdinando Cannizzo an. Alles andere würden die Tifosi bei Ferraris Heimspiel auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari wohl auch nicht gelten lassen. 2023, damals noch in Monza, reisten die Italiener als frischgebackene Le-Mans-Sieger an und ließen gleich einen Podiumsplatz im Königlichen Park folgen. Weil der aktuell umgebaut wird, wich die WEC kurzerhand nach Imola aus.

Herausforderung namens Balance of Performance

Der 4,909 Kilometer lange Old-School-Kurs mit berühmten Streckenabschnitten wie Tamburello, Tosa und Rivazza ist eine von vier neuen Strecken im WEC-Rennkalender 2024; Katar, Sao Paulo und Austin bilden die weiteren bisher unbekannten Austragungsorte. Das sorgt einerseits für Abwechslung, dürfte den BoP-Verantwortlichen aber ebenso Kopfschmerzen bereiten. Referenzwerte für die Hypercars aus der Vergangenheit existieren nicht. Damit ist die Datenmenge begrenzt, mittels derer versucht werden soll, alle Autos in ein vergleichbares Performance-Fenster zu hieven.

Wichtig zu wissen: Seit diesem Jahr ist die BoP für die Hypercars strecken-spezifisch gestaltet und kann sich von Rennen zu Rennen ändern, so, wie es auch im GT-Sport üblich ist. Direkte Vergleiche zum Losail International Circuit mit seinem stark unterschiedlichen Layout und anderen Charakteristiken zu ziehen, erscheint also wenig sinnhaft.

In Katar wirkten Toyota und Ferrari mit Blick auf die Balance of Performance wenig begeistert, um es vorsichtig zu formulieren, während ihnen die leichteren LMDh-Autos von Porsche, Cadillac und in Teilen Alpine um die Ohren fuhren. Der #6 Porsche 963 mit Andre Lotterer, Kevin Estre und Laurens Vanthoor errang nicht nur den ersten WEC-Sieg für Penske-Porsche, sondern auch den ersten eines nach dem IMSA-Reglement entwickelten LMDh-Boliden. Weitere LMDh-Autos von Porsche, BMW, Cadillac und Lamborghini sind parallel zu Imola mit der IMSA beim 100-Minuten-Rennen von Long Beach im Einsatz.

Rennstart zum WEC-Rennen in Katar
In der WEC starten 19 Hypercars von neun Herstellern, Foto: FIA WEC / DPPI

Imola: Ferrari und Toyota dürfen am meisten ausladen

Für Imola dürfen alle Hypercars mit Ausnahme des überarbeiteten Peugeot 9X8 an Gewicht ausladen, wobei Ferrari (-34 kg) und Toyota (-29 kg) die größten Reduzierungen genießen. Der LMDh-Porsche erhält eine Gewichtsersparnis von 15 Kilogramm und ist mit 1.033 Kilo immer noch 27 Kilogramm leichter als der LMH-Toyota (1.060 kg). Gleichzeitig erhalten alle Marken eine Erhöhung der maximalen Systemleistung, die sich im Bereich zwischen 3 kW (Porsche) und 18 kW (Cadillac) bewegt.

Die Freien Trainings am Freitag und Samstag dürften einen ersten Aufschluss über die Hierarchie im Hypercar-Feld geben. Im Rennen erwartet Exklusivlieferant Michelin vorrangig den Einsatz der ab sofort farbig markierten Medium-Reifen (gelb), spricht aber auch von möglichen Triple-Stints mit der Hard-Mischung (rot). Außerdem haben die Franzosen angesichts der Wettervorhersage (14 Grad, 35 Prozent Regenwahrscheinlichkeit am Renn-Sonntag) ausreichend Regen-Reifen im Gepäck.

Die Strategie-Abteilungen der Hersteller sind am Sonntag (Rennstart um 13:00 Uhr) besonders gefordert: Imola gilt als enger Kurs mit nur wenigen Überholmöglichkeiten. Bei 37 Autos auf der Strecke - 19 Hypercars und 18 GT3-Boliden - gilt es, möglichst ohne Zeitverlust durch den Verkehr zu gelangen. "Ich erwarte kein einfaches Rennen", sagt Ferrari-Pilot Antonio Fuoco. "Bei so vielen Autos führt der Performance-Unterschied zwischen Hypercars und GT3 zu vielzähligen Überholmanövern. Dafür muss das Strecken-Management passen."