Es war eine der bestimmenden Szenen des Amerika Grand Prix der MotoGP in Austin. Marc Marquez, der nur Momente zuvor die Führung übernommen hatte, kommt in der elften Runde des MotoGP-Hauptrennens in Kurve elf zu Sturz und scheidet aus. Bremsprobleme hatten dafür gesorgt, dass der Spanier seine Gresini-Ducati GP23 nicht mehr rechtzeitg abstoppen konnte. Der große Traum vom ersten Sieg in der Königsklasse seit dem 24. Oktober 2021 in Misano war damit ausgeträumt.

"Es hat ihm schon etwas bedeutet, weil er wusste, dass da einiges möglich war. Er sagt zwar, dass ein Podium schon schön gewesen wäre, aber das reicht ihm am Ende nicht. Er will jetzt endlich mal wieder gewinnen. 900-irgendwas Tage seit dem letzten Sieg, das ist ihm viel zu lange", analysierte Ex-Honda-Kollege Stefan Bradl daraufhin am Montagabend bei 'ServusTV' im Format 'Sport und Talk aus dem Hangar-7'. Der Deutsche weiß: "Jetzt sitzt er wieder auf dem richtigen Material und riecht schon wieder, wie es da vorne zugeht. Ich glaube, dass er seine Chance gewittert hat. Leider war dann dieser Fehler da und der schmerzt."

Marquez wirft Siegchance weg: Es war ein Defekt! (01:00 Min.)

Stefan Bradl: Acosta nach Marquez-Sturz mit Grinsen im Gesicht

Den Amerika Grand Prix hatte Bradl im heimischen Wohnzimmer live mitverfolgt, da Sandro Cortese in Austin als 'ServusTV'-Experte am Start war. "Als ich den Sturz gesehen habe, dachte ich im ersten Moment, dass er da vielleicht wieder kurz im alten Honda-Stil unterwegs war - noch nicht ganz angekommen [auf der Ducati, Anm.], das Hinterrad hat extrem gewackelt", berichtet er. Eine Interpretation, die auch Cortese in der Rennanalyse bei 'ServusTV' ähnlich getroffen hatte. Was beide zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wussten: Marquez quälte sich das gesamte Rennen über mit Bremsproblemen, die ihn letztlich auch zu Sturz brachten. "Da kam dann das eine zum anderen, vorne an der Verkleidung haben ja auch schon Teile gefehlt", sagt Bradl nun dazu.

Während der gebürtige Augsburger seinem ehemaligen Honda-Kollegen also keinen Vorwurf mehr machen will, erkannte er in Marquez' Abflug dennoch einen besonderen MotoGP-Moment. "Für mich war interessant zu sehen: Er hat in dieser Runde die Führung übernommen und Pedro Acosta war direkt hinter ihm. Der hat bestimmt ein kleines Grinsen im Gesicht gehabt, als Marc Marquez vor ihm auf die Schnauze fällt", sagt Bradl und ergänzt: "Schade für Marc, aber vielleicht gut für einen Generationswechsel zu Pedro Acosta."

Der 19-jährige Superrookie in GasGas-Diensten mischt die MotoGP derzeit auf und jagt schon jetzt von einem Rekord zum anderen. In Portimao wurde Pedro Acosta zum jüngsten Fahrer auf einem MotoGP-Podest, in Austin zum jüngsten Piloten in der ersten Startreihe. Seine ersten Führungsrunden sammelte er am vergangenen Sonntag ebenfalls, mit Platz zwei und lediglich 1,7 Sekunden Rückstand auf Sieger Maverick Vinales gelang ihm eine weitere Steigerung gegenüber dem Portugal GP vor knapp zwei Wochen. Bis zum Sachsenring bleibt Acosta noch Zeit, um sich mit einem Rennsieg auch zum jüngsten MotoGP-Gewinner der Geschichte zu krönen. Ein Rekord, den momentan (noch) Marc Marquez innehat.

Pedro Acosta mischt dieser Tage die MotoGP ordentlich auf, Foto: LAT Images
Pedro Acosta mischt dieser Tage die MotoGP ordentlich auf, Foto: LAT Images

Stefan Bradl lobt Acosta: KTM-Konkurrenz deklassiert!

Auch dieser hatte die MotoGP-Klasse damals als Rookie im Sturm erobert und sich bereits im ersten Jahr in der Königsklasse zum Weltmeister gekrönt. Es folgten viele Jahre der Marquez-Dominanz, doch diese Zeit sieht Bradl nun endgültig vorbei. Nicht die Zukunft, sondern bereits die Gegenwart gehört KTM-Supertalent Acosta. "Er kümmert sich um gar nichts, ihm ist alles Wurst. Er ist auch vom Charakter her sehr locker drauf und lässt sich nicht verrückt machen. Das fahrerische Talent ist unfassbar hoch, da brauchen wir nicht darüber reden. Es scheint aber so, als würde ihm das im Kopf auch gar nichts ausmachen. Er fährt einfach seinen Stiefel ab und zieht sein Ding durch", lobt Bradl in höchsten Tönen.

"Das ist immer leichter gesagt als getan, aber ihm macht das nichts aus, wenn da ein Marc Marqeuz an ihm vorbeifährt und er da bei den großen Stars dabei ist. Das ist schon beeindruckend", fährt der Deutsche fort. "Er war schon in Portimao auf dem Podium. Dort war es etwas glücklich, aber jetzt hat er es in Texas bestätigt. Er ist auch in den Trainings immer vorne dabei und hat die KTM-Konkurrenz deklassiert. Das war schon ein starkes Ausrufezeichen. Wenn er so weiter macht ... ich will es jetzt nicht verschreien, aber bisher habe ich nicht den Eindruck, dass ihn im Kopf etwas verrückt machen könnte."

Acosta liegt mit 54 Punkten nach 3 von 21 MotoGP-Rennwochenenden im Jahr 2024 bereits auf Rang vier der Fahrer-Weltmeisterschaft - nur 26 Zähler hinter WM-Leader Jorge Martin und vor gestandenden Starpiloten wie Francesco Bagnaia (50), Brad Binder (49), Aleix Espargaro (39), Marc Marquez (36) und Fabio Quartararo (19). Es scheint tatsächlich nur eine Frage der Zeit, bis der GasGas-Rookie seinen ersten MotoGP-Sieg einfahren kann. Ob er Marquez auch noch den Rekord des jüngsten Weltmeisters streitig machen kann, wird die Zukunft zeigen. Ausgeschlossen scheint nach dem Austin-Wochenende aber gewiss nichts mehr.