Die Disqualifikation von Misano-Sieger Antonio Felix da Costa hält die Formel E weiter in Atem. In der vergangenen Woche hatte Porsche bei der FIA schriftlich Berufung eingelegt. Der Fall geht demnach vor das Internationale Berufungsgericht. Felix da Costa war vom Samstagslauf aufgrund einer nicht regelkonformen Strompedal-Feder disqualifiziert worden.

Am Rande des Porsche-Tennis-GP in Stuttgart äußerte sich Felix da Costas Teamkollege Pascal Wehrlein exklusiv gegenüber Motorsport-Magazin.com zu der Thematik. Wie Teamchef Florian Modlinger, zeigte auch Wehrlein kein Verständnis für die Disqualifikation. Besonders die Härte des Strafmaßes stieß dem aktuellen WM-Führenden sauer auf: "Es gibt ja Möglichkeiten (der Bestrafung; d. Red.), aber eine Disqualifikation ist einfach so endgültig. Du hast einem den kompletten Tag versaut."

Antonio Felix da Costa (TAG Heuer Porsche Formula E Team)
Pascal Wehrlein hat kein Verständnis für die Disqualifikation seines Teamkollegen, Foto: LAT Images

In Stuttgart hatte sich auch Florian Modlinger exklusiv gegenüber uns geäußert. Was der Teamchef zu dem Fall zu sagen hat und welche Rolle Einheitsbauteilhersteller Spark dabei spielt, lest Ihr in diesem Artikel:

Wehrlein: Anteilnahme für die Konkurrenz

Wehrlein zeigte jedoch nicht nur Sympathien für das Schicksal des eigenen Teamkollegen - auch die Disqualifikation eines Konkurrenten am Misano-Wochenende konnte der sechsfache ePrix-Sieger nicht nachvollziehen: "Es gab noch ein anderes Beispiel vergangenes Wochenende, was ich mindestens genauso hart fand, wie die Disqualifikation von Antonio. Das war die Disqualifikation von Jake Hughes im Qualifying."

Der McLaren-Nissan-Pilot hatte sich für das Samstagsrennen auf der Strecke auf Platz vier qualifiziert, wurde jedoch kurz nach der Zeitenjagd aus der Wertung genommen. Als Grund gaben die Stewards an, dass der Feuerlöscher in Hughes' Auto nicht einsatzbereit gewesen sei. "Was konnte Jake Hughes dafür, dass der Feuerlöscher nicht angeschlossen war? Hat ihm auch nichts gebracht und Gott sei Dank hat er keinen Unfall gehabt, sodass er den Feuerlöscher gebraucht hätte. Aber ihn dafür zu disqualifizieren, finde ich nicht korrekt", zeigte sich Wehrlein erzürnt.

Disqualifikation auch ohne Wettbewerbsvorteil?

Dass es in extremen Fällen wie bei zu geringem Reifendruck oder einem Verstoß gegen die vorgeschriebene Energiemenge Disqualifikationen geben muss, konnte Wehrlein hingegen nachvollziehen. Den Wertungsausschluss von Felix da Costa und Hughes ordnete der 29-Jährige jedoch nicht in diese Kategorie ein: "Ob die Feder jetzt weicher oder härter ist und du ein bisschen stärker oder weniger stark drücken musst, oder ob der Feuerlöscher angeschlossen ist oder nicht, spielt doch in dem Sinne für unsere Leistung keine Rolle."

Dem widersprachen die Stewards in ihrem Urteil zur Disqualifikation von Felix da Costa in Misano zwar nicht explizit, nahmen auf diesen Faktor jedoch auch keine Rücksicht. "Es die Verantwortung des Teilnehmers, sicherzustellen, dass das Auto den Regularien entspricht, selbst wenn es keinen Performance-Vorteil nach sich zieht", hieß es in der Urteilsbegründung.

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Pascal Wehrlein sprach in Stuttgart exklusiv mit Motorsport-Magazin.com, Foto: Porsche AG

Auch Wehrlein Opfer von Disqualifikationen

Die Frustration über einen nachträglich verlorenen Sieg konnte Wehrlein indes sehr gut nachempfinden. Auch der Sigmaringer musste sich in der Vergangenheit mit kontroversen Entscheidungen der Sportkommissare arrangieren. Besonders das Samstagsrennen der Formel E im mexikanischen Puebla 2021 bleibt in Erinnerung. Damals hatte Wehrlein auf der Strecke für Porsche den ersten Formel-E-Sieg seit dem Werkseinstieg 2019 errungen. Auch dieser Sieg wurde den Zuffenhausenern kurz nach Zieleinlauf aberkannt und Wehrlein disqualifiziert.

Grundlage für den Wertungsausschluss in Puebla war ein Formfehler bei der Registrierung der Reifen. Porsche verpasste das Zeitfenster, um den im Rennen eingesetzten Reifensatz im Online-System anzumelden. "Aber die FIA kontrolliert in der Startaufstellung sowieso noch den Reifensatz und prüft die Reifendrücke. Somit sehen sie ja sogar noch, welcher Satz Reifen auf dem Auto ist. Wir haben es einfach vorher nicht angemeldet. Somit war die Strafe überhaupt gar nicht nachvollziehbar", zeigte sich Wehrlein auch fast drei Jahre später noch frustriert von der Entscheidung. Damals erklärte Porsche die Absicht für eine Berufung, verzichtete jedoch letztendlich darauf.

Wehrlein: Disqualifikation nicht zu glauben

"Als Fahrer kann man das so gar nicht richtig glauben in dem Moment", gab Wehrlein Einblicke in das Innenleben eines Rennfahrers. "Weil man alles als Team gemacht hat, damit man das bestmögliche Resultat herausholen kann. Dann hat man es geschafft. Und dann wird einem wegen so einer Kleinigkeit der Sieg genommen, der Erfolg genommen, die ganze harte Arbeit, die man davor investiert hat."

In Puebla verlor Wehrlein 2021 ebenfalls einen Sieg nachträglich, Foto: LAT Images
In Puebla verlor Wehrlein 2021 ebenfalls einen Sieg nachträglich, Foto: LAT Images

Was die Disqualifikationen von Felix da Costa und Wehrlein vereint: Für beide wären die Siege zum jeweils spezifischen Zeitpunkt wichtig gewesen. Während Wehrlein nicht nur Porsches, sondern auch seinen ersten Formel-E-Sieg geholt hätte, hätte der Misano-Sieg von Felix da Costa nach einem schwierigen Saisonstart einen sportlichen Befreiungsschlag für den Formel-E-Champion von 2020 dargestellt.

Fest steht: Im Jahr 2024 steht der Formel E der nächste Rechtsstreit hinter den Kulissen bevor. Nach dem letzten Porsche-Einspruch in London im vergangenen Jahr vergingen bis zur endgültigen Entscheidung mehr als drei Monate.